Samstag, 18. August 2012

Die Rudelbildung Saisonvorschau: VFB Stuttgart

Sie sind einer dieser Vereine, die seit Jahren in der Spitze vertreten sind, aber doch relativ unbemerkt agieren. In den letzten sechs Jahren landete der VFB fünfmal unter den ersten sechs, der Höhepunkt war die Meisterschaft in der Saison 2006/2007. Nach einer starken Rückrunde, Platz drei hinter den Dortmundern und den Bayern, will man sich in der neuen Saison vorne behaupten. Doch kann man beides: Sparen und erfolgreich sein? Teil dreizehn der Rudelbildung Saisonvorschau.

Neuzugänge und Abgänge

Das die Stuttgarter sich finanziell keine großen Sprünge erlauben können wurde auch in diesem Sommer deutlich. So verpflichtete man den ablösefreien Torun vom Absteiger Hertha und lieh für die rechte Abwehrseite den Schalker Tim Hoogland aus. Dieser hat eine lange Verletzungszeit hinter sich. Dazu kehrt Daniel Didavi von seiner erfolgreichen Leihphase aus Nürnberg zurück. Didavi verletzte sich jedoch in der Vorbereitung und wird die Hinrunde wohl komplett verpassen. Mickrige 300.000 Euro investierte der VFB in diesem Sommer in Neuzugänge.

Auf der Abgängeseite tat sich jedoch einiges. Mit Matthieu Delpierre (1899 Hoffenheim), Timo Gebhart (1. FC Nürnberg), und Stefano Celozzi (Eintracht Frankfurt) verließen Reservisten und Langzeitverletzte den Verein. Der Abgang vom etatmäßigen Rechtsverteidiger Khalid Boulahrouz (Sporting Lissabon) schmerzte und auch Julian Schieber hätte man liebend gerne behalten. Dieser ging jedoch nach Dortmund, und der VFB konnte man bei dieser satten Ablösesumme nicht nein sagen.

Taktik

Trainer Bruno Labbadia setzt auf ein 4-2-3-1 System. Auf der Doppel-Sechs agiert der Däne Kvist als der tiefe Part, sozusagen ein Staubsauger vor der Abwehr, während Gentner oder Kuzmanovic den offensiven Part spielen. Die Außenverteidiger agieren sehr hoch, sodass die Stuttgarter auf den Flügeln immer in Pärchen operieren. Dies bietet den Außenspielern im Mittelfeld auch die Möglichkeit oft nach Innen zu ziehen. Nicht umsonst war der nominelle Außenspieler Martin Harnik in der Vorsaison mit 17 Treffern der erfolgreichste Torschütze des VFB.

Da die Stuttgarter so hoch agieren sind die auf starke Passspieler im Mittelfeld angewiesen. Diese hat man mit Kvist und Kuzmanovic die starke 88 bzw 87 Prozent an den Mann brachten. Auch spielt hinten mit Georg Neidermeier einer der besten Verteidiger der abgelaufenen Saison. Dieser absolvierte aufgrund von Verletzungen jedoch nur die Hälfte der Saisonspiele. Das Innenverteidiger Duo Tasci-Niedermeier gehört jedoch zu den besten der Liga, sodann beide fit sind.
Testspiele

Die Stuttgarter bestritten nur wenig Testspiele in der Vorbereitung. Während andere Teams zwischen zehn und fünfzehn Tests absolvierten waren es beim VFB nur sieben Testspiele.

Jedoch waren die Gegner, bis auf den Landesligisten Schwaikheim ( der das Spiel in einer Verlosung gewonnen hatte), ambitioniert. Den Drittliga-Aufstiegsfavoriten aus Heidenheim schlug man 2:1, gegen einen weiteren ambitionierten Drittligisten, Hansa Rostock spielte man 1:1. Danach folgten Tests gegen den FSV Frankfurt (4:0) und 1860 München (2:1), ein Verein, der sich in der Spitze der zweiten Bundesliga festsetzen möchte. Zum Abschluss testete man gegen den spanischen Erstligisten Betis Sevilla und Premier League Teilenehmer Swansea City, wo man sich jeweils Unentschieden (2:2 und 3:3) trennte.

Baustellen

Der Kader ist sehr klein. Von den 26 Mann im Kader sind fünf äußerst unerfahrene Jungspunde und zwei Langzeitverletzte. Mit Tasci, Maza und Niedermeier verfügt man nur über drei Innenverteidiger, danach kommt er unerfahrene Rüdiger. Bei der Dreifachbelastung Europa League, DFB Pokal und Bundesliga darf nicht viel passieren.

Das selbe ist der Fall auf der Sechser-Position. Mit Kvist, Gentner und Kuzmanovic verfügt man über drei Qualitätsspieler, doch danach kommt der Bundesliga-Unerprobte Bah. Dies lässt sich beliebig fortführen, auch auf der Spielmacherposition haben die Stuttgarter nur Hajnal, da Audel und Didavi verletzt ausfallen. Der Kader wurde im Gegensatz zur Vorsaison nicht verstärkt, sondern geschwächt.

Scheunentor: Auch wenn man mit 46 Gegentreffern solide ist (Schalke kassierte 44), so ließ man zu viele Torchancen zu. Nur die Kölner ließen im Durchschnitt mehr Torsabschlüsse zu, als die Stuttgarter.

Stärke

Trainer Labbadia hat den notwendigen Umbruch mit Bravur gemeistert. Der Spieleretat wurde um 20 Millionen reduziert, Geld für Neuverpflichtungen ist keines da und trotzdem schafft er es die zurück Stuttgarter in die Spitze zu führen. Der VFB ist ein Beispiel dafür, was man mit einer Spielidee und Geduld erreichen kann. Unter Labbadia holte die Stuttgarter 1,6 Punkte pro Spiel, eine wahnsinnige Zahl. Zum Vergleich hat BVB Trainer Jürgen Klopp eine Quote von 1,97 Punkten pro Spiel (während seiner Amtszeit in Dortmund).

Attraktiver Fußball: Die Stuttgarter spielen nicht nur erfolgreich, sondern auch attraktiv. Nur die ersten drei Teams (Dortmund, Bayern, Schalke) erzielten mehr Tore als die Stuttgarter.

Der Kern des Teams bleibt bestehen: Auch wenn der Kader in der Breite geschwächt wurde hat man eine Achse, mit viel Qualität. Mit Ullreich steht einer der drei besten Keeper der Vorsaison zwischen den Pfosten, vor ihm das Innenverteidiger Duo Tasci und Niedermeier. Dies wird ergänzt durch den Dänen Kvist, der im defensiven Mittelfeld sofort einschlug. Gepaart mit Hajnal,  stark nach ruhenden Bällen und mit zehn Vorlagen in der Vorsaison , und dem torgefährlichsten Mitelfeldspieler der Liga, Martin Harnik. Dazu hat man mit Ibisevic im Sturm einen Torjäger verpflichtet. Dies deutete Vedad bereits in der Rückrunde an, als in fünfzehn Spielen auf 8 Tore und 7 Vorlagen kam.

Moral: Stuttgart punktete in der Vorsaison als einziges Bundesliga-Team zehnmal nach einem 0:1 Rückstand. Highlight war hier sicherlich das berauschende 4:4 gegen Borussia Dortmund, wo man nach einem 0:2 kurz davor war, dass Spiel komplett zu drehen.

Standards: Starke 41 Prozent seiner Tore erzielten die Stuttgarter aus Standardsituationen. Kein anderes Team erzielte so viele Treffer, 26 Stück, wie der VFB nach einem ruhendem Ball.

Abschluss: Nur Dortmund, Bayern und Bremen verzeichneten mehr Abschlüsse in der Vorsaison. 

Positives Überraschungspotential

Kann Georg Niedermeier die starke Form der Vorsaison bestätigen, und verletzungsfrei bleiben, haben die Stuttgarter mit ihm und Serdar Tasci zwei der besten Innenverteidiger der Liga in ihren Reihen.

Ähnliches gilt für Vedad Ibisevic. Kann dieser die Form der Rückrunde, 15 Spiele mit 15 Scorerpunkten, beibehalten, ist er ein potentieller Kandidat für die Torjägerkanone.

Potentieller Gefahrenherd

Was tun die Stuttgarter, wenn der Gegner den Spielmacher Hajnal aus dem Spiel nimmt? Nach der schweren Verletzung von Didavi hat man dort keine Alternative. Gerade die schnellen Außenspieler sind auf die Pässe des kleinen Spielmachers angewiesen.

Hinten rechts hat man mit Hoogland und Sakai zwei Spieler, die oft verletzt waren (Hoogland), oder mit bei den olympischen Spielen waren, Sakai. Ein gewisses Risiko.


Mögliche Startelf



Ulreich - Hoogland (Sakai), Tasci, Niedermeier, Molinaro - Kvist, Kuzmanovic (Gentner) - Harnik, Hajnal, Okazaki- Ibisevic

Prognose

VFB-Kapitän Tasci ist der Meinung, dass für den VFB in dieser Saison eine bessere Platzierung als Rang sechs drin ist. Erreicht man das Niveau der Rückrunde ist dies sicherlich machbar. Jedoch hat der Kader in der Breite an Qualität verloren.

Bruno Labbadia hat die Stuttgarter zurück in die richtige Spur gebracht und ein attraktives, mitreißendes Team geformt. Leider wird dies in den Medien zu selten hervorgehoben. Hier wird Labbadia immer noch als ein gescheiterter Trainer porträtiert, nachdem er in Leverkusen und Hamburg entlassen wurde. Es ist ihm zu wünschen, dass ihm der nötige Respekt gezollt wird.

Können die Stuttgarter von Verletzungen verschont bleiben kann man sich in der Spitze festsetzen. Dies setzt jedoch auch voraus, dass die Risikoposition Rechtsverteidiger nicht zur Belastung wird und Spieler wie Ullreich, Niedermeier, Harnik und Ibisevic ihre Leistung der Vorsaison abrufen. Denn vom Kader sind die Stuttgarter der schwächste Europa League Aspirant. Platz 6-10.

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